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#ux#Barrierefrei#barrierefreiheit

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: bürokratische Hürde oder wünschenswerte Zukunft?

vonMaja CerningMarcus Dreyer
13. September 2024User Experience

„Tausenden Unternehmen droht Abschaltung ihrer Websites“, so titelte das Handelsblatt am 22.7.2024 in seiner Online Version. Ähnliche Überschriften mit den entsprechenden Artikeln dazu findet man derzeit fast täglich in der Presse. Sie beziehen sich auf die Einführung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetztes (BFGS) zum Juni nächsten Jahres und die damit verbundenen Herausforderungen für Unternehmen. Das Gesetz soll dazu beitragen, Menschen mit verschiedenen Arten von Behinderungen den Zugang zu Produkten und Dienstleistungen zu erleichtern, um besser am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Teil dieses Gesetzes ist, dass unter anderem digitale Angebote wie Websites und Apps barrierefrei gestaltet werden müssen, um mehr Gleichberechtigung für alle zu schaffen.

Um nochmal die Handelsblatt-Überschrift aufzugreifen: ist das nun Panikmache oder kommt da eine wirklich substanzielle Herausforderung auf die Unternehmen zu? Man muss sich vergegenwärtigen, dass Websites, die ab dem oben genannten Zeitpunkt barrierefrei sein sollen, sehr transparent sind. Es gibt viele kleine Hilfsmittel, mit denen User überprüfen können, ob eine Website in weitesten Teilen barrierefrei ist oder auch nicht. Insofern kann man durchaus vermuten, dass es für Abmahner diesmal leicht sein wird, sich an die nicht einhaltenden Unternehmen zu wenden. Eine gewisse Dringlichkeit sich als Websitebetreiber mit der Thematik digitale Barrierefreiheit auseinanderzusetzen ist also gegeben. Liest man sich in das Thema ein so, wird man mit unterschiedlichsten Rechtsnormen konfrontiert, ohne dass man schnell und transparent herausfinden kann, was denn nun für wen gilt. Wir möchten versuchen, etwas Abhilfe zu schaffen.

Das BFSG ist die nationale Umsetzung der EU -Richtlinie zur Barrierefreiheit (European Accessibility Act, EAA) mit der dazugehörigen Europäischen Norm EN 301 549. Eine Vielzahl der Anforderungen der EN 301 549 verweist auf die WCAG-Kriterien (Web Content Accessibility Guidelines, internationaler Standard zur barrierefreien Gestaltung von Internetangeboten.) Diese WCAG Erfolgskriterien der Konformitätsstufen A und AA sind mit dem Standard EN 301 549 verbindlich einzuhalten.
Daraus ergeben sich Richtlinien mit mehreren zu erfüllenden Kriterien, die auf den 4 Prinzipien der Barrierefreiheit basieren:

  • Wahrnehmbarkeit
  • Verständlichkeit
  • Bedienbarkeit
  • Robustheit

Werden diese Standards in der jeweils aktuellen Fassung eingehalten, geht die Rechtsprechung davon aus, dass Websites und digitale Anwendungen barrierefrei sind.

Wen betrifft das BFSG?

Das BFSG verpflichtet Betreiber von B2C Online-Shops und Websites mit elektronischem Geschäftsverkehr zur Umsetzung der Richtlinien.
Betroffen sind demnach

  • Banken, Online-Banking, Bankdienstleistungen
  • Personenbeförderungsdiensten im Luft-, Bus-, Schienen- und Schiffsverkehr (ausgenommen ist hier nur der Regionalverkehr)
  • Telekommunikationsdiensten
  • Online-Shops und E-Commerce – auch wenn die verkauften Produkte selbst nicht in den Anwendungsbereich des BFSG fallen.
  • Online-Terminbuchungen wie etwa Hotel- und Reisebuchungen oder Terminbuchungen.

Kleinstunternehmen (weniger als zehn Beschäftigte und höchstens 2 Millionen Euro Jahresumsatz), die Dienstleistungen anbieten, sind vom Gesetz ausgenommen.


Was oft vergessen wird zu erwähnen, mit dem Einhalten der rechtlichen Anforderungen handeln Sie nicht nur gesetzeskonform, sondern tragen auch einen gesellschaftlichen Beitrag hin zu einer wünschenswerten Zukunft und profitieren von einer Erweiterung Ihrer Zielgruppe.

Wie kann man als betroffenes Unternehmen herausfinden, wo das eigene digitale Angebot Verbesserungsbedarf hat?

Es gibt im Netz inzwischen verschiedene Checklisten, die Website-Betreibern helfen, eine erste Einschätzung vorzunehmen. Durch eine Mischung aus manuellen und automatischen Tests mit Tools bekommt man einen ersten Eindruck. Tools erfassen nach unserer Erfahrung aber lediglich gut ein Drittel der relevanten Merkmale und die Ergebnisse dieser automatischen Tests müssen an verschiedenen Stellen auch im Kontext mit den Inhalten betrachtet werden. Der Prüfaufwand erfordert Expertenwissen für die Identifizierung von Barrieren und die Empfehlung zur Ausbesserung.
Schließen möchten wir unseren Überblick zum BFSG mit einer kleinen Linksammlung, wo sie wichtige Hinweise und erste Tipps zum Umgang mit der neuen Norm bekommen können.

BFSG:

WCAG:

EN 301549:

Prüfschritte EN 301549 Web (WCAG):

Tools zum Testen:

Extensions:

Wenn Sie mehr über Barrierefreiheit, gesetzliche Vorgaben oder praktische Prüftools erfahren möchten – oder wenn Sie Ihr Angebot direkt professionell auf Barrierefreiheit testen lassen wollen – helfen wir Ihnen gerne dabei, Ihr digitales Produkt barrierefrei zu gestalten.

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